Ein Kurztrip nach Kondolia
Unser Vereinsvorsitzender Herr Sircar hat im Februar 2017 wieder eine Reise nach Indien unternommen. Der Anlass war dieses Mal privater Natur, allerdings wollte er es sich natürlich nicht nehmen lassen, das Krankenhaus in Kondolia wenigstens kurz zu besuchen. Auf seinem Abstecher von Kolkata über Berhampore nach Kondolia wurde Herr Sircar von seinem Bruder Krishnan und seinem in Deutschland lebenden Onkel Niharendu begleitet. Auf der letzten Etappe schloss sich zudem Dr. Suman Biswas, ehemaliger Vize Präsident des Trägers DESMOT, der Gruppe an.
Die nervenschonendste Weise von Kolkata nach Kondolias nächst größere Stadt Berhampor zu kommen, ist nach wie vor der Zug. Vor dort ist die Weiterreise mit dem Auto in das ca. 70 km nördlich gelegene Kondolia seit dem Ausbau des National Highways 34 zu einer vierspurigen Schnellstraße recht komfortabel zu bewältigen. Auch die letzte Teilstrecke auf dem von dem Highway abzweigenden Weg nach Kondolia führt seit nunmehr einigen Jahren über eine geteerte Straße. Trotzdem ist die Anfahrt immer wieder ein Erlebnis. Die Passage durch Kondolia verdeutlicht einem sehr eindrücklich, dass der Lebensstandard für einen Großteil der Bevölkerung Indiens noch lange nicht so ist wie in Europa. Herr Sircar wollte diesen Eindruck mit nachfolgendem Video festhalten.
Bei Einbruch der Dämmerung erreichte die Gruppe ihr Ziel Kondolia. Anders als beim letzten Besuch von Herrn Sircar ging es dieses Mal vergleichsweise ruhig im Krankenhaus Kondolia zu. Es waren keine Ambulanzpatienten mehr zugegen. Auch der Bettentrakt war nicht belegt. So war mehr Zeit, sich mit dem Exekutiv-Komitee von DESMOT bei einer Tasse Tee über aktuelle Zahlen und Fakten zu dem Krankenhaus zu unterhalten.
Herr Sircar erfuhr, dass das Ayushmati Programm seit letztem Monat wegen einer ausgelaufenen Lizenz pausiert und man derzeit auf eine positive Rückmeldung zum Verlängerungsantrag warte. Zugleich seien Zahlungen der Regierung für die letzten beiden durchgeführten Monate noch ausstehend. Herr Anirban Biswas, der Mitte 2016 als Chief Manager des Krankenhaus angestellt wurde, um alltägliche Verwaltungsaufgaben zu regeln, zeigte sich aber positiv, dass das Geburtshilfe Programm bald wieder aufgenommen werden würde. Die durchgeführten Entbindungen seien vor Pausierung zudem deutlich ansteigend gewesen und lägen jetzt um die 50 pro Monat. Da der Krankentransporter aber derzeit kaum eingesetzt würde und um sich Personalkosten für den Fahrer zu sparen, solle der Transporter für 2000 Rupien/Monat an eine andere Einrichtung verliehen und der Fahrer solange freigestellt werden. Die Komitee Mitglieder stimmten diesem Vorhaben zu. Das Fahrzeug könne im Rahmen des sogenannten „Nischay Yan Schemes“ eingesetzt werden. Hierbei handelt es sich um ein weiteres Regierungsprogramm, bei dem in ländlichen Gegenden Mini-Transporter eingesetzt werden, um werdenden Müttern kostenfreie Krankentransporte zu ermöglichen und so die Sterblichkeitsrate bei Neugeborenen zu senken. Organisationen die ihre Fahrzeuge hierfür bereitstellen erhalten eine Entschädigung. Die Aufnahme in das Programm ist an eine Registrierung des Kennzeichens des Fahrzeuges gebunden. Der Chief Manager wurde damit beauftragt, eine solche Registrierung in die Wege zu leiten. Dabei war ein Hintergedanke, dass das Krankenhaus Kondolia bei Wiederaufnahme des Geburtshilfe Programms auch selber vom Nischay Yan Scheme profitieren kann.
Enttäuscht war Herr Sircar als er erfuhr, dass schon länger keine Eye-Camps mehr stattgefunden haben. Der Grund lag auch hier in der ausstehenden Verlängerung der Lizenz. Der mit der Organisation der Eye-Camps betraute, aus Kondolia stammende Mitarbeiter zeige sich wenig engagiert, werde aber nach wie vor mit monatlich 700 Rupien für seine Dienste entlohnt. Das Komitee entschied diese Zahlungen solange auszusetzen, bis das Eye-Camp wieder aufgenommen wird. In Zukunft solle die Entlohnung davon abhängig gemacht werden, dass mindestens einmal monatlich ein Eye-Camp tatsächlich stattfindet. Das Komitee überlegte auch, die Verantwortung für den Bereich Eye-Camp ganz auf eine andere Person zu übertragen. Da solche Entscheidungen in einem kleinen Dorf wie Kondolia jedoch auch direkt Wellen schlagen, wurde diese erstmal vertagt und dem Mitarbeiter eine Chance zur Rehabilitation eingeräumt.
Um die Freigabe der Lizenzen in beiden Fällen zu beschleunigen versprach Herr Sircar auf seinem Rückweg am nächsten Tag, den für den Distrikt Murshidabhad und somit Kondolia zuständigen Chief Medical Officer Of Health (CMOH) in Berhampore aufzusuchen. Das Komitee war der Auffassung, dass die Betonung der Wichtigkeit des Krankenhaus Kondolia Projekts für die Umgebung Kondolias durch einen extra angereisten Vertreter einer deutschen Förderorganisation der Sache sicher keinen Abbruch tun würde. Der CMOH sei Herrn Suman Biswas durch seine frühere Tätigkeit als Tuberkulosebeauftragter des Nachbardistrikts bekannt und ein Kontakt ließe sich unkompliziert herstellen. So geschah es auch am Abend des nächsten Tages, als sich Herr Sircar und Herr Biswas im Hause des CMOHs für ein kurzes aber sehr freundliches Gespräch einfanden. Der CMOH kannte das Kondolia Krankenhaus zwar, war sich aber nicht der Unterstützung durch den Krankenhaus Kondolia Förderverein aus Deutschland bewusst. Er versprach, das in seiner Macht stehende zu tun, um die Anträge durch seine Behörde schnellstmöglich prüfen zu lassen.
Bei der Komiteesitzung wurden auch kleinere Themen besprochen. So zum Beispiel, dass ein eigener Stromzähler im Zimmer der Krankenschwester installiert werden soll, die hauptsächlich für die Entbindungen zuständig und daher rund um die Uhr vor Ort anwesend ist. Sie lebt faktisch in ihrem Schwesternzimmer im Krankenhaus. Der Betreiber muss hier auf einem schmalen Grat wandern. Einerseits gilt es, die Kraft nicht für das Krankenhaus zu verlieren, andererseits kann es sich das Krankenhaus aber nicht leisten, über Gebühr neben dem Lohn noch für ihren Lebensunterhalt aufzukommen.
Im Vorfeld seiner Reise wurde Herr Sircar bereits darüber informiert, das Angestelltengehälter auf Grund der angespannten finanziellen Lage für teilweise 5 Monate nicht bezahlt wurde. Hiervon betroffen was u.a. der Arzt des Krankenhauses Dr. Ganesh Chandra Jana. Herr Jana, der schon pensioniert ist, betrachtet sein Engagement für Kondolia glücklicherweise als humanitäre Aufgabe, die ihn zudem davor bewahrt sich im Ruhestand zu langweilen. Er ist nicht auf die Lohnzahlung vom Krankenhaus angewiesen. Trotzdem hat Herr Sircar Mittel des Fördervereins zugesagt, um dem Krankenhaus wieder ein finanzielles Polster zu verschaffen. Herr Sircar erbat sich, ihm Kopien der Jahresabschlüsse der vergangenen drei Jahre zu übersenden, was selbstverständlich zugesagt wurde. Mittlerweile wurde die Überweisung an das Krankenhaus im Nachgang an Herrn Sircars Reise veranlasst.
Insgesamt verließ unser Vereinsvorsitzender Kondolia mit gemischten Gefühlen. Einerseits ist der Krankenhausbetrieb im Moment sehr eingeschränkt, andererseits kann hier nur Besserung eintreten. Es wurde klar, dass das Projekt nach wie vor auf die finanzielle Unterstützung unseres Vereins angewiesen ist. Wir hoffen, diese auch in Zukunft leisten und auf Ihre Spenden zählen zu können.