Reisebericht

Reisebericht

Im Dezember 2014 hat unser Vorsitzender Dr. Narayan Sircar zum ersten Mal alleine die Reise nach Kondolia auf sich genommen, um dem Debendra Narayan Sarkar Charitable Hospital, so der offizielle Name des Krankenhaus Kondolia, einen Besuch abzustatten. Dies ist ein Bericht über die Eindrücke, die Herr Sircar gesammelt hat. 

Herr Sircar hatte seinen Aufenthalt zeitlich so geplant, dass er mit der Durchführung eines über zwei Tage stattfindenden Eye-Camps im Krankenhaus Kondolia zusammen fiel. Entsprechend geschäftig ging es am späten Nachmittag seiner Ankunft in Kondolia zu. Einige Patenten nutzten eine Mitfahrgelegenheit auf einem Pritschenwagen, um nach Kondolia zu kommen. Eine Herde Wasserbüffel graste unbeeindruckt von dem ganzen Trubel am Rande des Zufahrtweges zum Krankenhaus.

Besuch aus Deutschland kommt nicht täglich vor, der letzte liegt gut zwei Jahre zurück. Dementsprechend herzlich wurde Herr Sircar von Vorstandsmitgliedern des Debendra Narayan Sarkar Memorial Trusts (DESMOT) und Angestellten des Krankenhauses in Empfang genommen. Ein Gruppenfoto um den Moment festzuhalten war obligatorisch.  

v.r.n.l. Sujit Kumar Sarkar (Treasurer von DESMOT), Sitaram Sarkar (Eye-Camp Coodinator), Dr. Ganesh Chandra Jana (Arzt am DNSCH), Dr. Narayan Sircar (Vorsitzender des Krankenhaus Kondolia Fördervereins, Settler von DESMOT), Saraswati Sina (Krankenschwester am DNSCH), Dr. Suman Biswas (Vice President von DESMOT), Sandip Kumar Sarkar (Joint Secretary von DESMOT), Anirban Biswas (Ayushmati Coordinator), Nirmalendu Sarkar (Mitglied von DESMOT)

Was für deutsche Verhältnisse ungewöhnlich erscheinen mag, ist in Bengalen Alltag. Mit Einsetzen der Dämmerung wird die Nacht zum Tag. Im Eingangsbereich des Krankenhaus tummelten sich Angehörige und Patienten, die auf die Aufnahme zu warteten. Die beiden angestellten Schwestern Saraswati Sina und Barshathi Saha kümmerten sich um die Erledigung von Papierkram. Sie wurden dabei von dem Pharmazeut des Krankenhauses Dilip Das unterstützt.

Das Eye-Camp wurde von dem erfahrenen Augenarzt Dr. Sunil Surana geleitet. Dr. Sunil ist in Kolkata ansässig und nimmt jetzt schon seit einigen Jahren monatlich die Reise in den Distrikt Murshidabhad auf sich, um am Krankenhaus Kondolia und anderen Gesundheitseinrichtungen im Distrikt kostenfreie Katarakt OPs durchzuführen. Er wurde dieses Mal von Mitgliedern des Lions Club seiner Heimatstadt begleitet. Er konnte sie dafür gewinnen, im Vorfeld des Eye-Camps in umliegenden Ansiedlungen Werbung zu machen und einen Reisebus für den Transport ins Krankenhaus zu sponsern.

Dr. Sunil und sein Team gehen die geplanten OPs durch und sichten benötigtes Material
Dr. Suman Biswas (links) und Narayan Sircar (dritter v.r.) mit Lions Club Mitgliedern
Helfer verabreichen eine Tropfenanästhesie
Patienten warten geduldig bis sie an der Reihe sind

Dr. Surana ist auch Mentor für Medizinstudenten an einem Medical College in Kolkata. Eine seiner ehemaligen Studentinnen, jetzt approbierte Ärztin, begleitete ihn bei diesem Besuch in Kondolia und führte Operationen durch. Sie war begeistert von den Hilfeleistungen, die das Krankenhaus im Rahmen des Eye-Camps den Bedürftigen zur Verfügung stellen kann und kann sich gut vorstellen, Kondolia in Zukunft wieder zu besuchen.

Aufgrund der Vielzahl der Patienten ist es leider nicht möglich, jedem ein eigenes Bett zur Verfügung zu stellen, um sich in den ersten Stunden nach der OP von dieser zu erholen und eine Nachsorge abzuwarten. So bleibt nichts anderes übrig, als sich aus ausgelegten Decken auszuruhen, bevor die Heimreise ansteht. Die meisten Patienten erwartet zuhause jedoch kein höherer Komfort.

Herr Sircar gewann den Eindruck, dass das Eye-Camp sehr gut organisiert war. Insgesamt wurde an den beiden Tagen 41 Operationen durchgeführt. Durch die staatliche Förderung stellen Eye-Camps eine wichtige eigenständige Refinanzierungsquelle für das Krankenhaus dar. Es war ihm daher eine besondere Freude, dem Krankenhaus eine Phaco Maschine überreichen zu können, die dem Förderverein bereits vor Jahren als Sachspende übergeben wurde und nun schließlich von Herrn Sircar in seinem Gepäck nach Indien transportiert werden konnte. Dr. Sunil versprach das Instrument für eine Kalibrierung mit nach Kolkata zu nehmen und zu schauen, ob es für den Einsatz und dauerhaften Verbleib im Krankenhaus Kondolia verwendet werden kann.

Leider musste Herr Sircar bei seinem Besuch feststellen, dass einer der beiden Krankenwägen des Krankenhauses seit Monaten wegen eines undichten Gastanks nicht einsatzbereit ist. Dies hat zur Folge, dass der zweite Wagen öfter für dienstliche Fahrten benutzt wird und somit in diesen Zeiten für den eigentlichen Zweck der Krankentransporte nicht zur Verfügung steht. Herr Sircar hat mit Nachdruck veranlaßt, das defekte Fahrzeug reparieren zu lassen auch wenn dies zunächst hohe Kosten verursacht.

Herr Sircar wurde davon unterrichtet, dass die neue Krankenschwester Frau Benajir, deren Ausbildung durch unseren Förderverein in Kooperation mit der DIG finanziert wurde, ihr Examen voraussichtlich Im Februar 2015 abschließen wird. Es besteht eine Übereinkunft mit dem Krankenhaus, dass die Schwester für 5 Jahre vor Ort tätig wird oder andernfalls die Ausbildungskosten zurückerstattet. Derzeit überlegt der Träger jedoch hiervon keinen Gebrauch zu machen, da sich eine weitere Schwesternkraft aufgrund neuer Regelungen für Gehälter von Krankenhauspersonal kaum finanzieren lässt und er zudem befürchtet, dass das komplette Gehaltsgefüge durcheinander gewirbelt werden könne. Herr Sircar ließ durchblicken, dass der Förderverein und die DIG wohl sehr begrüßen würden, die dritte Kraft an das Krankenhaus zubinden, nicht nur wegen der geflossenen Fördermittel sondern weil die Vergangenheit gezeigt hat, dass neues Personal nur schwer nach Kondolia zu locken ist.

Zudem hat Herr Sircar erfahren, dass für Anfang 2015 ein in der Nähe befindliches Tabak-Anbau Unternehmen den Anschluß an eine Internet-Breitbandverbindung auf eigene Kosten geplant hat. Ein Zugang soll bei Fertigstellung dann auch dem Krankenhaus ermöglicht werden. Ob dieses Vorhabens tatsächlich realisiert wird und es nicht bei leeren Versprechungen bleibt steht jedoch in den Sternen, wäre jedoch sehr wünschenswert ist. Das Krankenhaus verspricht sich von einer stabilen Internetverbindung am sog. RSBY-Krankenversicherungsprogram für besonders arme Personen teilzunehmen. Im Rahmen des Programms stellt die Regierung eine Versicherungskarte für berechtigte Familien aus, mit denen sie einen vordefinierten Katalog an Krankenhausleistungen kostenlos in Anspruch nehmen dürfen. Die Abrechnung erfolgt zwischen Krankenhaus und Gesundheitsministerium elektronisch auf Grundlage der vor Ort erfaßten Daten. Das Krankenhaus Kondolia hatte schon vor Jahren an diesem Programm teilgenommen, wegen der fehleranfälligen und unbeständigen Internetverbindung die notwendige Lizenz aber nach kurzer Zeit verlor. Mit dem RSBY-Programm stünde eine weitere unabhängige Finanzierungsquelle zur Verfügung.

Herr Sircar wurde auch umfassend über die Arbeit des Krankenhauses im Rahmen der Geburtshilfe informiert. Nach wie vor finden durchschnittlich ca. 30 Geburten pro Monat statt. Das Krankenhaus konnte so von Mai bis November 2014 im Rahmen des Ayushmati-Programms Einnahmen von 700.000 Rupien generieren. Nach Kosten blieben dem Krankenhaus hiervon pro Fall ca. 600 Rupien was ungefähr 8€ entspricht. Ein nach wie vor schwerwiegendes Problem dieses Programm ist jedoch, dass die Regierung von Bengalen ausstehende Zahlungen seit Monaten blockierte. Durch die Vorleistung war der Finanzhaushalt des Krankenhauses in Schieflage geraten, teilweise verzichteten die Schwestern auf ihr Gehalt oder Angestellte leisteten sogar persönliche Kredite. Nicht nur das Krankenhaus Kondolia war nach hiervon betroffen, sondern Gesundheitseinrichtungen im ganzen Distrikt Murshidabad. Mehrere Beschwerden des Krankenhauses blieben bis dato erfolglos. Der Vorstand von DESMOT versprach jedoch weiter am Ball zu bleiben.

Zu den reinen Einnahmen durch die Entbindungen werden vom Staat 1000 Rupien für den Transport der werdenden Mütter zum Krankenhaus sowie zu einer Nachkontrolluntersuchung bezahlt. Nach Abzug von Kosten kann dieser Ambulanzservice des Krankenhauses zwar keine Einnahmen für die rein wohltätigen Leistungen des Krankenhauses generieren ist aber zumindest selbsttragend.

Nach Einschätzung von Dr. Suman Biswas, Vize-Präsident von DESMOT, sind diese Einnahmen jedoch vergleichsweise gering. Dr. Biswas ist hauptberuflich für das Gesundheitsministerium tätig, z.Zt. als Tuberkulose-Beauftragter im Nachbardistrikt Birbhum. Seiner Erfahrung nach liegt die Zahl der Entbindungen in ähnlichen Einrichtungen in ähnlicher Lage bei bis zu 100 pro Monat, die sich auch in Kondolia erzielen lassen sollten. Der sehr engagierte Krankenhausmitarbeiter Anirban Biswas versucht hier durch Werbung und Informations-Maßnahmen, das Krankenhaus und die Vorteile einer ärztlich betreuten Entbindung bei der umliegenden Bevölkerung noch bekannter zu machen.

Leider gibt es auch einen Wehrmutstropfen des Besuches von Herr Sircar in Kondolia zu berichten: Im normalen Klinik-Alltag ist die Bettenstation so gut wie ungenutzt, weil abgesehen von Entbindungen keine stationäre Behandlungen durchgeführt werden. Der seit vielen Jahren im Krankenhaus beschäftigte  Arzt Dr. Ganesh Chandra Jana ist nur an 4 Tagen in der Woche zugegen. Chirurgische Eingriffe, die der verstorbene, ehemalige Vorsitzende des Fördervereins Dr. Nabendu Sircar, bei seinen mehrwöchigen Indienbesuchen selber durchführen konnte, finden gar nicht mehr statt. Ein Ersatz ist hier realistisch betrachtet nicht absehbar, da die ländliche Lage des Krankenhauses für eine Permanentanstellung nicht attraktiv ist. Zahlreiche Versuche des Krankenhauses junge Ärzte dafür zu gewinnen blieben bislang erfolglos.

Nichtsdestotrotz hat Herr Sircar ein positives Resümee von dieser Reise gezogen. Die finanzielle Unterstützung, die wir als Förderverein dem Krankenhaus zur Verfügung stellen, reicht zwar nur um in einem kleinen Rahmen, die gesundheitliche Situation einer weitgehend mittellosen Bevölkerungsschicht zu verbessern, aber sie kommt immerhin direkt vor Ort an und wird ihrem Verwendungszweck entsprechend eingesetzt.

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